Weihnachten

Das Fest der großen Gefühle

„Die Kerzen fangen zu brennen an,

das Himmelstor ist aufgetan,

Alt und Jung sollen nun

von der Jagd des Lebens einmal ruhn,

und morgen flieg ich hinab zur Erden;

denn es soll wieder Weihnachten werden!“

aus „Knecht Ruprecht“, Theodor Storm

 

„Stille Nacht, heilige Nacht.“ Gemeinsam singen, den Christbaum schmücken, ein festliches Mahl mit der Familie oder Freunden genießen – oft eine Weihnachtsgans oder Sauerbraten mit Rotkohl und Klößen – und sich gegenseitig beschenken. Weihnachten ist nicht das höchste, aber das wichtigste Fest aller Christen.

Doch was macht Weihnachten so besonders? Worin liegt die einzigartige Magie dieses Festes? Sind es Erinnerungen an Vertrautes, zum Beispiel das gemeinsame Plätzchenbacken in der Kindheit mit seinem Duft nach Vanille und Zimt, die weihnachtliche Besinnlichkeit und Harmonie? Also: Stabilität verpackt in Traditionen, die mehr zählen als jedes noch so teure Geschenk. Weihnachten ist ein großes schönes Gefühl.

Weihnachts-Rituale, die Erinnerungen schaffen

Jede Familie hat ihre eigenen Rituale, an denen festgehalten wird. Unabhängig davon, ob sich die Bescherung am Heiligen Abend vor oder nach dem Essen, vor oder nach der Christmette oder gar erst am Morgen des ersten Weihnachtstages abspielt. Es ist unbedeutend, ob Würstchen mit Kartoffelsalat oder eine Gans serviert werden, entscheidend ist, dass das Fest immer gleich abläuft. Das garantiert wohlige Erinnerungen an die Kindheit und damit das Aufkommen positiver Gefühle. Selbst immer wiederkehrende Konflikte werden ritualisiert und gehören zum Fest wie das angestrengte Bemühen, diese nicht hochkochen zu lassen, was natürlich nicht immer gelingt. Schlimm aber ist es, Weihnachten allein zu sein. Denn: Weihnachten ist ein Familienfest, an dem Gemeinsamkeit großgeschrieben wird. Darüber hinaus hat das Fest eine philosophische Bedeutung, die mit Hoffnung, Erlösung und Glauben verbunden ist. Wie es schon in dem oben zitierten Gedicht von Theodor Storm heißt, „Alt und Jung sollen nun von der Jagd des Lebens einmal ruhn“, haben die Menschen an den Feiertagen Zeit, über den Sinn des Lebens nachzudenken. Mit anderen Worten: Weihnachten bietet die Gelegenheit, wichtige menschliche Bedürfnisse zu erfüllen, wie Sinnsuche, Gemeinschaft und Harmonie. Auffallend: Die Weihnachtsbräuche rund um den Globus, so verschieden sie auch sein mögen, haben eines gemeinsam: Sie sind stark durch Rituale geprägt, die dem Weihnachtsfest das nötige Fundament geben, das ein Überdauern über Jahrhunderte ermöglicht.

Werfen wir einen Blick auf unsere Nachbarn:

Hyggelige Weihnachten

Skandinavien ist für viele der Inbegriff von „hygge“ – was für Gemütlichkeit, Geborgenheit und Wärme steht. Nicht von ungefähr zählen die Skandinavier zu den glücklichsten Menschen der Welt. Die skandinavische Weihnachtszeit, in der aufgrund der langen Dunkelheit im Winter Kerzen und Licht eine zentrale Rolle spielen, vereint das hyggelige Lebensgefühl mit Tradition und Gemeinschaft. Dazu gehört auch Glögg, das Pendant zu unserem Glühwein, der mit Mandeln, Rosinen und Gewürzen serviert wird.

Heiligabend gibt es ein festliches Abendessen mit anschließender Bescherung. Vielen dürfte der Julbock bekannt sein: Die Ziegenbockfigur aus Stroh ist ein altes Symbol, das in allen skandinavischen Ländern verbreitet ist. Ursprünglich symbolisierte er Fruchtbarkeit und wurde später zu einer Weihnachtsdekoration. Überhaupt spielen Tiere zu Weihnachten eine große Rolle, nicht nur in der Krippe.

Wenn Tiere sprechen können

Ein besonders faszinierender Volksglaube unserer polnischen Nachbarn besagt, dass die Tiere in der Weihnacht sprechen können. Gehört werden können sie allerdings nur von all jenen, die reinen Herzens sind.

Auch in Polen ist der Heilige Abend – Wigilia genannt, von lat. „vigilare“, „wachen“ – der bedeutendste Tag der Weihnachtszeit. Auf diesen Abend konzentrieren sich weitere Rituale: So wird der Tisch mit zwölf verschiedenen Gerichten gedeckt, die für die zwölf Monate des Jahres und die zwölf Apostel stehen. Eine weitere Tradition des polnischen Festessens ist der Brauch, immer für eine Person mehr einzudecken – einerseits gedenkt man so der Verstorbenen, die nicht anwesend sein können, andererseits zeugt diese Geste von Gastfreundschaft. Um zu garantieren, dass es einem im neuen Jahr an nichts fehlen wird, sollte man von allen Speisen kosten. Typischerweise gehört ein Gericht mit Mohn zur polnischen Weihnachtstafel, denn Mohn steht für Wohlstand und Fruchtbarkeit. Das ist eindeutig ein Brauch, den wir übernehmen könnten. Wohlstand schadet schließlich nicht. Nicht vergessen werden darf, etwas Stroh unter Tisch oder Weihnachtsbaum auszulegen. Der Grund: Das Christkind kommt laut Volksglauben auf einem Esel vom Himmel geritten.

Für Singles interessant: Wer sich einen Partner wünscht, sollte die Kerne eines Apfels zählen. Bei einer geraden Zahl stehen die Chancen gut, dass man im kommenden Jahr die große Liebe findet. Liebe Singles: Ran an die Äpfel! Es kann nicht viel schief gehen: Die meisten Äpfel haben nämlich 10 Kerne.

Weihnachten geht durch den Magen

In Italien wird Heiligabend traditionell die Mitternachtsmesse besucht. Der wichtigste Tag ist der 25. Dezember. Am Morgen findet die Bescherung statt, dann folgt das Festmahl. Was auf den Tisch kommt, ist von Region zu Region unterschiedlich, ein Nachtisch aber findet sich auf allen Weihnachtstafeln quer durch Italien: der Panettone, ein Hefekuchen mit Trockenfrüchten und Rosinen, der ursprünglich aus Mailand stammt. Um die Erfindung des kuppelförmigen Kuchens ranken sich verschiedene Legenden. Die bekannteste ist diese: Wir befinden uns im 15. Jahrhundert. Bei einem Weihnachtsbankett für Ludovico Sforza, den Herzog von Mailand, verbrennt dem Koch das Dessert. Der ist verzweifelt, doch dem Küchenjungen Toni kommt die rettende Idee: Aus den übrig gebliebenen Zutaten wie Mehl, Butter, Zucker und Eiern, kandierten Früchten und Rosinen backt Toni einen Kuchen und – die adelige Gesellschaft ist entzückt. Aus dem „pane di Toni“ – dem Brot des Toni – wurde der „Panettone.“

Eine wesentliche Rolle spielt in Italien die Krippenkultur, die – laut Überlieferung – auf den Heiligen Franz von Assisi zurückgeht. Vor über 800 Jahren, im Jahr 1223, soll er in dem kleinen Dorf Greccio in Mittelitalien die erste Krippe aufgestellt haben – eine „lebende“ Krippe mit echtem Ochsen und Esel sowie seinen Glaubensbrüdern und Dorfbewohnern.

Unangefochtene Hauptstadt der Krippe in Italien ist Neapel. Dort liegt, mitten in der historischen Altstadt, die Via San Gregorio, die als „Krippenstraße“ bekannt ist. Kunsthandwerker gestalten wunderschöne und aufwendige Krippen und Krippenfiguren – neben Jesus, Maria und Josef auch Obsthändler, Kastanienverkäufer oder Pizzabäcker und typisch neapolitanische Charaktere wie zum Beispiel den Volksschauspieler Totò und Pulcinella, eine Figur aus dem neapolitanischen Volkstheater, aber auch Persönlichkeiten aus Politik, Showbusiness oder Sport, wie den allgegenwärtigen Maradona.

In der Stadt am Vesuv will man aber nicht nur mit Frömmigkeit, sondern auch mit abergläubischen Riten sein Leben in Wohlstand, Gesundheit und Harmonie absichern. Dementsprechend weit verbreitet ist die Zahlenmystik, die auch vor den hohen Festtagen nicht haltmacht. Deshalb wird auch an den Festtagen in den Familien die neapolitanische Tombola gespielt.

Lottofieber in Spanien

Ähnliche Bräuche finden sich in Spanien, wo alle der „Lotería de Navidad“ entgegenfiebern. Die Weihnachtslotterie ist, auf die Gesamtsumme bezogen, die in dieser Weihnachts-Sonderziehung ausgeschüttet wird, die größte weltweit. Die relativ teuren Lose werden häufig von Gruppen erworben – Familien, Arbeitskollegen, Schulklassen oder Sportvereinen. Am 22. Dezember, dem Tag der Ziehung, erfasst ganz Spanien große Aufregung. Die Zahlen werden von den lieblichen Stimmen der „Niños de San Ildefonso“, einem Chor von Schulkindern, vorgesungen. Schick und adrett gekleidet, berühren sie jedes Jahr die Herzen der Zuschauer.

Wie in Neapel sind die Weihnachtskrippen, hier Belenes genannt, von großer Bedeutung.  Diese Krippen sind oft wahre Kunstwerke und zeigen nicht nur die Heilige Familie, sondern auch das alltägliche Leben zur Zeit Jesu.

Der wahre Höhepunkt der spanischen Weihnachstzeit ist der „Día de Reyes“, der Dreikönigstag, am 6. Januar. An diesem Tag werden auf der iberischen Halbinsel die Geschenke ausgepackt. Ein besonderes Highlight ist die „Cabalgata de Reyes“: Am Abend des 5. Januar findet ein großer Umzug statt: Die Heiligen Drei Könige fahren auf prachtvoll geschmückten Wagen durch die Straßen und verteilen Süßigkeiten. Ein Fest für Groß und Klein!

In Deutschland sind am Dreikönigstag die Sternsinger unterwegs: Mädchen und Jungen, die sich als Könige verkleiden, ziehen von Haus zu Haus, singen Lieder oder tragen Gedichte vor.  Sie sammeln Spenden für wohltätige Zwecke und schreiben den Segenswunsch C+M+B, gefolgt von der jeweiligen Jahreszahl, an die Türen der Häuser oder Wohnungen. C+M+B steht nicht für die Heiligen Drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar, sondern für „Christus mansionem benedicat“ – zu Deutsch: „Christus möge dieses Haus segnen“.

Wir wünschen allen Lesern eine gesegnete Weihnachtszeit, einen guten Rutsch ins neue Jahr und für 2025 nur das Allerbeste: Frieden, Gesundheit und Wohlergehen.

 

Quellen:

Knecht Ruprecht“, Theodor Storm – http://nikolausgedichte.net/drauss-vom-walde/

https://www.katholisch.de/artikel/42905-dreikoenigssegen-ein-aberglaube-mit-christlicher-fuellung

https://praxistipps.focus.de/weihnachtsbraeuche-aus-aller-welt-die-skurrilsten-traditionen_97551

https://www.varta-guide.de/freizeit-guide/freizeit-ideen/sport-und-spass/weihnachtsbraeuche-aus-aller-welt/

https://www.lignoma.com/de/magazin/typische-weihnachtsbraeuche-in-deutschland-und-anderen-laendern/

https://www.schweizerbauer.ch/pflanzen/spezialkulturen/wie-viele-kerne-hat-ein-apfel/

 

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