Heilfasten nach Buchinger

Eine Diät für die Seele

Heute geht es mal wieder um die leidigen Pfunde. Um die loszuwerden, stehen neben Diäten auch eine ganze Reihe unterschiedlicher Fastenkuren zur Verfügung. Die Liste ist lang: Intervallfasten, Heilfasten nach Buchinger, modifiziertes Fasten, Basenfasten, Schroth-Kur, Mayr-Kur, Früchtefasten, Saftfasten, das ließe sich noch weiterführen.

Wie wir bereits gelernt haben, gehört zum Fasten eine ganze Portion Disziplin, gute Vorsätze allein reichen da nicht aus. In unserem ersten Blog-Artikel zum Thema haben wir das Intervallfasten nach den Methoden 5:2 und 16:8 beleuchtet.

Beim Intervallfasten kann man zwischen zwei Möglichkeiten wählen. Erstens die 16:8-Methode: Zwischen der letzten Mahlzeit des Vortages und der ersten Mahlzeit des Tages liegen 16 Stunden. In den acht Stunden, in denen man essen darf, werden zwei Mahlzeiten zu sich genommen.

Zweitens die 5:2-Methode: An fünf Tagen in der Woche wird normal gegessen, an den beiden anderen Tagen fast nichts. Ziel beider Methoden ist eine langfristige Gewichtsreduktion. In unserem Artikel sind wir zu dem Schluss gekommen, dass die 16:8-Methode die praktikablere ist. Und tatsächlich scheint in Deutschland derzeit die 16:8-Methode populärer zu sein, was nicht überrascht, denn ein großer Teil der täglichen Fastenzeit liegt in der Schlafenszeit.

In unserem Artikel zum Thema Fasten haben wir das „Fasten nach der heiligen Hildegard von Bingen“ vorgestellt. Auch hier haben wir wertvolle Erkenntnisse gewonnen. Aussagen wie: „Erst muss die Seele heil werden, dann kann der Körper folgen“, haben großen Eindruck auf uns gemacht.

Mensch, Umwelt, Leib und Seele – alles steht laut Hildegard von Bingen miteinander in Verbindung. Hildegard von Bingen warnte vor zu fettem Essen und übermäßigem Schlemmen. Sie hielt das für die Ursache der meisten Krankheiten des Menschen.

Das hatte uns besonders beeindruckt: „Nur Kranke und Schwache sollen gleich am Morgen frühstücken, damit sie wieder zu Kräften kommen. Völlig gesunde Menschen können auf das Frühstück bedenkenlos verzichten und erst zu Mittag, die erste warme Mahlzeit zu sich nehmen.“ Schon vor fast 1000 Jahren empfahl sie eine „Nüchternphase“ von 13 bis 17 Stunden am Tag und nahm damit das heutige 16:8-Fasten vorweggenommen.

Das Heilfasten nach dem Arzt Otto Buchinger

Nun wollen wir uns mit dem Heilfasten nach Buchinger beschäftigen. Otto Hermann Ferdinand Buchinger war ein deutscher Arzt und Philosoph, der 1917 an schwerem Rheuma in den Gelenken erkrankte.

1919 begann er versuchsweise eine dreiwöchige Fastenkur bei seinem Kollegen Gustav Riedlin in Freiburg im Breisgau. Die Kur brachte den gewünschten Heilerfolg, und von nun an befasste sich Buchinger mit der alternativen Naturheilkunde und dem Fasten.

Schon ein Jahr später gründete er eine eigene Heilfastenklinik, das Kurheim Dr. Otto Buchinger. 1935 veröffentlichte er sein Werk „Das Heilfasten und seine Hilfsmethoden„, das bis zum heutigen Tag aufgelegt wird. Die Idee, die hinter der Methode steht: Das Fasten nach Buchinger soll die Selbstheilungskräfte des Körpers aktivieren.

Diät auch für die Seele

Nach Buchingers Heilfasten sollen der Organismus gereinigt und die Selbstheilungskräfte aktiviert werden. Heilfasten wirkt laut Dr. Otto Buchinger nicht nur auf der medizinischen Ebene, sondern auch auf psychosozialer und spiritueller Ebene. Buchinger sprach auch von einer „Diät der Seele“. Er empfahl, während des Fastens Musik zu hören, ein Buch zu lesen und sich mit Kunst oder Meditation zu beschäftigen. Lange Spaziergänge in der Natur sollten helfen, den Kopf und die Gedanken zu befreien.

Das Buchinger Heilfasten sieht auch Kneippanwendungen, Massagen, Gymnastik und sogar Saunagänge vor, um Kreislauf und Stoffwechsel in Schwung zu bringen und das Wohlbefinden und die Gesundheit zu fördern. Zudem wird so dem Abbau von Eiweißen aus der Muskulatur vorgebeugt. Klingt fast nach Wellnessurlaub, ist es aber nicht.

Ohne Darmreinigung geht es nach Buchinger nicht

Die Fastenkur nach Buchinger beginnt mit einer ein- bis zweitägigen Vorbereitungsphase, den sogenannten Entlastungstagen. Zu Beginn des ersten Fastentages erfolgt die „Darmreinigung“. Hierzu nimmt man 30 – 40 g Glaubersalz ein, aufgelöst in einem Liter Wasser, der innerhalb von 20 Minuten getrunken werden soll. Dieser Vorgang wird während der Fastenzeit mehrmals wiederholt. Vermutlich nicht jedermanns Sache, dass der Darm alle zwei Tage einen Einlauf bekommt. Doch wenn man bedenkt, dass fast 80 Prozent aller Krankheiten im Darm entstehen, kann eine Darmreinigung sicher nicht schaden. Auch sollte man wissen, dass der Darm eines Menschen fast acht Meter lang und nach unserer Haut das größte Organ ist.

Das Heilfasten nach Buchinger gilt bis heute als der Klassiker unter den Fastenanleitungen.

Nach der Buchinger-Methode gibt es während der Fastenzeit keine feste Nahrung, sondern nur Gemüsebrühe, Tee, Säfte und Wasser. Die Fastenzeit kann fünf Tage oder länger dauern. Nun ist Fasten ja nichts Neues, schon in der Antike und im Mittelalter wurde aus medizinischen und spirituellen Gründen gefastet. Aber Otto Buchinger hat es durch seine Beobachtungen, Schriften und Kliniken weitaus bekannter gemacht.

In einem Punkt allerdings stieß Otto Buchinger von Seiten der Schulmedizin auf Kritik:  Die von ihm eingeführten Begriffe Entschlackung und Entgiftung sind aus Sicht der Wissenschaft zweifelhaft. Unter Schlacken versteht Buchinger Abfallprodukte des Stoffwechsels, die sich im Körper ablagern und Krankheiten verursachen können. Viele Experten sind jedoch Meinung, dass diese Endprodukte des Stoffwechsels über Nieren, Darm, Lunge und Haut von selbst ausgeschieden werden.

Vor dem Fasten, erst einmal zum Arzt

Um den Erfolg des Heil-Fastens zu gewährleisten, sollte es von Ärzten oder Therapeuten begleitet werden, die für die Fastentherapie zertifiziert sind. Seit 1996 können Ärzte und Ärztinnen im Rahmen einer Weiterbildung das Zertifikat „Fastenärztin/Fastenarzt“ der Ärztegesellschaft Heilfasten und Ernährung e. V. (ÄGHE) erwerben.

Unbestritten ist, dass diese Fastenmethode sowohl zur Gesundheitsprävention als auch zur Therapie bei bestimmten Krankheiten angewendet werden kann. Nach Otto Buchinger beträgt die optimale Fastendauer 2 – 4 Wochen, wobei individuelle Aspekte berücksichtigt werden sollten.Die Ärztegesellschaft für Heilfasten und Ernährungempfiehlt, für eine Heilfastenkur als Standarddauer 7 – 10 Tage plus 1 Vorbereitungstag sowie im Anschluss 3 Tage zur Normalisierung des Essverhaltens einzuplanen.

Was meint die Wissenschaft?

Die wissenschaftliche Studienlage stellt fest, bei welchen Krankheiten ein vorteilhafter Effekt durch das Fastens eintreten kann. Dazu gehören chronische Entzündungen, chronische Schmerzzustände, das metabolische Syndrom, chronische kardiovaskuläre Krankheiten, atopische Krankheiten und psychosomatische Krankheiten. Für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis besteht eine Level 1-Evidenz (Müller et al. 2001).

Des Weiteren hilft Heilfasten auch bei Bluthochdruck, Osteoarthritis und Migräne, fördert das psychische Wohlbefinden, unterstützt bei einer Umstellung des Lebensstils und kann die Nebenwirkungen einer Chemotherapie lindern. (zusammengefasst in Wilhelmi de Toledo et al. 2013).

Heilfasten nach Buchinger wird in speziell dafür ausgelegten Kurkliniken unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt. Das ist nicht ganz unwichtig, da beim Heilfasten auch Nebenwirkungen wie leichte Kreislaufbeschwerden, niedriger Blutdruck, Magen-Darm-Beschwerden, Muskelkrämpfe, Müdigkeit, Schwindelgefühl, akute Rückenschmerzen und Menstruationsstörungen auftreten können. Menschen mit Vorerkrankungen sollten mit ihrem Arzt sprechen, da sogar ernste Nebenwirkungen und Komplikationen nicht auszuschließen sind.

Abnehmen durch Fasten?

Wenn sich keine grundlegende Ernährungsumstellung nach dem Fasten anschließt, kann man dabei auch nicht abnehmen. Der Gewichtsverlust durch das Fasten ist nur ein vorübergehender Effekt. Heilfasten sei nicht für diejenigen geeignet, deren Ziel das Abnehmen darstellt, erklärt Dr. Andreas Hans-Otto Buchinger, der Sohn Otto Buchingers, im Vorwort der 24. Auflagevon „Das Heilfasten“. Die Gewichtsreduktion sei „nur ein netter Nebeneffekt“.

Einfach mal so drauflos fasten ist also keine gute Idee: Jeder sollte vorher zumindest einen Bluttest und ein EKG machen lassenund ein Beratungsgespräch mit einem Arzt geführt haben, empfahl Buchinger. Otto Buchinger war Naturliebhaber und ein tief spiritueller Mensch, der Fasten nicht als Mangel verstand, sondern als Zustand der Bedürfnislosigkeit und Wendung nach innen. Er schätzte Aphorismen, so seine Familie, und prägte den Satz „Während des Fastens geht es dem Körper gut, aber die Seele hungert“. Dafür sollte die Seele „geistige Nahrungsmittel“ in Form von Natur, Musik, Gebet und Kontemplation bekommenDie Fasten-Kliniken von Otto Buchinger werden heute in der dritten und vierten Generation von seiner Familie geführt.

Bleibt gesund und munter, mit und ohne Fasten!

 

Quellen: Leitlinien zur Fastentherapie – Buchinger.de – Ärztegesellschaft für Heilfasten und Ernährung (ÄGHE) – Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.

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